Andreas Raseghi

Kommentar zu "Besteigung der hallenden Öde"

Ein Stück über einen Ton, der über Selektivresonanzen in anderen Saiten leise mitschwingt, dadurch feinste Bebungen in graduellen Stufen hervorruft und der einen Tonhöhe andere, dicht danebenliegende beigesellt, sie somit spaltet und den musikalischen Parameter der Tonhöhe relativiert.

In Beziehung denkbar zu verschiedenen amerikanischen Aspekten der Neuen Musik, etwa semigraphisch notierten Kompositionen der 50er Jahre, in denen Tonhöhen nur durch Tonhöhenbänder (hoch, mittel und tief) angezeigt werden, stellt die Komposition die unmittelbare, phänomenologische Wahrnehmung von Tonhöhe vor die durch konventionelle, historische Notation suggerierte Eindeutigkeitsqualität dieses Parameters und Parameterbereiches. Ein Experiment, das einem Bereich von "Gefühl" als einem noch Verwischten die Abwesenheit gestattet oder dieses gleichsam phänomenologisch verzweigt: in die Physik der leisen, lange ausschwingenden und sich gegen die Stille oder ein Rauschen verlierenden Klänge, kosmische Prozesse schon a priori, und andererseits in die physiologischen, neuroakustischen und gelegentlich auch psychologischen Dimensionen des Hörens selbst (ebenfalls kosmische Prozesse), gegeneinander bewegliche Infra-Gewöhnlichkeiten, die sich entgegenstehen, widersprechen.

Frei nach Roland Barthes: "Der Nachklang macht das Gehörte zum intelligiblen Radau und den Lauschenden zum monströsen, auf ein ungeheures Hörorgan reduzierten Zuhörer - als ob das Gehör sich selbst verlautbarte: in mir spricht das Ohr".

 

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